Datenschutzstreit um elektronische Patientenakte
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, wehrt sich gegen den Vorwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), er würde aus datenschutzrechtlichen Gründen die Umsetzung digitaler Projekte wie die elektronische Patientenakte (ePA) erschweren.
„Die Behauptung von Jens Spahn, es hätte an meiner Behörde gelegen, dass neue digitale Anwendungen im Gesundheitsbereich nicht oder nicht im Zeitplan realisiert wurden, ist schlichtweg die Unwahrheit“, sagte Kelber dem Handelsblatt. Spahn sage beispielsweise selbst, dass die elektronische Patientenakte (ePA) seit 2004 im Gesetz stehe und schon längst hätte da sein müssen.
Spahn hatte im Interview mit dem Handelsblatt kritisiert, dass sich Kelber seit Monaten öffentlich mit den Krankenkassen über zusätzliche Datenschutzfunktionen in der digitalen Patientenakte streitet. „Dieser Konflikt zeigt das ganze Problem rund um den Datenschutz in Deutschland“, sagte Spahn. Statt sich über den Fortschritt der E-Akte „zu freuen und ihn in den Jahren weiter zu verbessern, wird lieber versucht, jeden kleinen Schritt nach vorne zu verhindern“. Spahn sieht den Datenschutz sogar als große Hürde für die Digitalisierung. „Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hat die Digitalisierung nicht einfacher gemacht.“
Kelber wies darauf hin, dass die vereinbarten Anforderungen zur digitalen Patientenakte seit Jahren feststünden. „Jeder Nutzende muss selbst entscheiden können, wem er welches Dokument zugänglich macht.“ Das entspreche der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem nationalen Gesetz zur ePA. Weil hier offenbar aber Mängel bestehen, hat Kelber die Kassen aufgefordert, bis zum Ende des Jahres die dokumentengenaue Freigabe zu ermöglichen. Der Streit könnte in einen Rechtsstreit münden. Experten gehen davon aus, dass quasi alle Krankenkassen gegen die Weisungen Kelbers klagen werden.
Spahn räumt zwar ein, dass das teilweise Sperren von Patientendaten für einzelne Ärzte am Anfang technisch noch nicht möglich sei. Zugleich betont er aber, dass die Nutzung der elektronischen Patientenakte sowie die Freigabe an eine Ärztin oder einen Arzt freiwillig seien und keiner seine Daten teilen müsse. Kelber kritisiert die Haltung. „Menschen mit dem Hinweis, die Nutzung dieses zentralen Instruments der Gesundheitsversorgung sei ja freiwillig, in ihrer Selbstbestimmung einzuschränken, halte ich für zynisch“, sagte der Datenschützer.